Weg ist sie! Einfach so! Schon wieder! Hat sich aus dem Staub gemacht, ohne es vorher auch nur anzukündigen. Weiß nicht warum. Weiß nicht wohin. Weiß nicht, ob und wann sie wiederkommt. Nicht zu fassen! Was soll das?
Gestern hat sie mich noch geküsst. Und dann ging alles so einfach! Und heute? Heute bekomme ich gar nichts mehr auf die Reihe.
Meine erste Reaktion: Panik!
Was mache ich jetzt? So ganz allein mit mir? Wie soll ich das Ganze ohne sie hinkriegen? Wie geht’s weiter?
Ich denke nach. Ich grüble…
Habe ich irgendetwas falsch gemacht? Ist es so was wie Schicksal? Gehört so etwas zum Reifeprozess dazu? Müssen wir alle das irgendwann mal durchmachen?
Ich höre auf nachzudenken. Mein Kopf ist wie leergefegt. Bin ratlos.
Ich laufe unruhig durch die Gegend.
Müsste mich eigentlich mit irgendwas ablenken. Fragt sich nur, womit…
Ich muss mich entspannen, an etwas ganz Anderes denken – jetzt!
SOFORT!
Funktioniert nicht, gehe wieder nach Hause. Arbeitszimmer. Ein leerer Computerbildschirm, der mich blöde angrinst.
Das Telefon! Ja!
Wen jetzt anrufen?
Meine Mutter?
Normalerweise keine schlechte Idee, aber diesmal: Wohl kaum.
Die Leute von Amnesty?
Nein – DAFÜR sind die bestimmt nicht zuständig…
Eine Selbsthilfegruppe?
Gibt es eine Selbsthilfegruppe für ratlose Literaten?
“RATlose LiteRATen”…?
Da bliebe ja nur noch “Lite…en” übrig!
Oh, Mann, DAMIT komme ich bestimmt nicht weiter!!
Da! Die rettende Telefonnummer! Der Mann, der die Antworten kennen muss!
“Hallo?”
“Hallo, ich bin’s. Du… ich hab ein Problem. Sie… sie ist schon wieder weg! Hat mich verlassen!”
“Wer? Wer hat dich verlassen?”
“Du weißt schon…”
“Oh, nein, nicht schon wieder!”
“Aber diesmal ist es wirklich ernst!”
“Hör mal zu…”
“Wirklich! Ich spüre das! Es ist passiert! Vorbei!
DIE MUSE HAT MICH VERLASSEN!”
Er lacht. Eindeutig. Er versucht es zu unterdrücken, aber ich kann es hören.
“Also, weißt du -” presst er heraus. Wiederholt: “Die Muse hat dich also verlassen! Ich weiß ja, du bist Romanautorin und eine sensible Persönlichkeit…
…aber ich habe noch nie jemanden erlebt, der jedesmal, wenn er mal wieder eine kleine Schreibblockade hat, ein solches Drama daraus macht!”
* * *